Verbessern Blaufilter oder der Nachtmodus bei Smartphone-, Tablet- oder Laptop-Bildschirmen den Schlaf? Bisherige Studien sprechen dagegen.
Abends mit einer Folge der Lieblingsserie entspannen, vor dem Einschlafen noch am Smartphone surfen oder am E-Book-Reader in einem spannenden Krimi schmökern – elektronische Unterhaltungsgeräte begleiten uns oft bis ins Bett.
Manche Fachleute meinen jedoch, dass ebendiese Hintergrundbeleuchtung nicht nur Vorteile bietet. Das Licht von Tablets, Smartphones und Laptop-Bildschirmen hat nämlich einen besonders hohen Blau-Anteil. Und der hindert uns Befürchtungen zufolge daran, gut zu schlafen.
Um hier gegenzusteuern, lässt sich auf den meisten Computern und mobilen Geräten ein „Nachtmodus“ aktivieren, der den Blaulicht-Anteil des Bildschirms in den Abendstunden stark verringert. Die angezeigten Inhalte erscheinen dann in einem gelb-orangen Farbton. Denselben Effekt haben auch spezielle Brillen mit Blaufilter, die weiße Lichtquellen gelblich erscheinen lassen.
Doch beeinträchtigt die Hintergrundbeleuchtung von Tablets, Smartphones und Laptops wirklich den Schlaf? Schläft es sich besser, wenn Nachtmodus-Einstellung oder Spezialbrille das blaue Licht von Bildschirmen herausfiltern? Auf der Suche nach einer Antwort haben wir uns die aktuelle wissenschaftliche Studienlage genauer angesehen.
Vorsichtige Entwarnung
Bei unserer Recherche sind wir auf sechs relevante Studien [1-6] gestoßen. Merklich negative Auswirkungen auf den Schlaf haben sich daraus nicht ergeben. Mit aktiviertem Blaufilter-Nachtmodus oder Blaufilter-Brille brauchten die Teilnehmenden ähnlich lange, um einzuschlafen wie ohne Blaufilter. Auch bei der Dauer, Tiefe und Qualität des Schlafs gab es keine wesentlichen Unterschiede. Unerwünschte Nebenwirkungen der Blaufilter wurden allerdings auch keine berichtet.
Untersucht haben die Studien Personen zwischen 14 und 40 Jahren. Vor dem Schlafengehen verwendeten sie ein Smartphone, ein Tablet, einen E-Book-Reader oder einen Laptop – mal mit aktiviertem „Nachtmodus“ [1-4] oder Blaufilter-Brillen [5,6], mal ohne. Anschließend wurde ihr Schlaf mittels Bewegungssensor-Armband oder mittels Hirnstrommessung über Elektroden auf der Kopfhaut überwacht. In manchen Studien [1,3,5,6] füllten die Teilnehmenden am nächsten Morgen auch einen Fragebogen über ihre Schlafqualität aus.
Zwar konnten die Forschungsteams keine nennenswerten Unterschiede feststellen. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass das blaue Licht von Bildschirmgeräten den Schlaf beeinträchtigt. Dazu sind die Studien zu mangelhaft durchgeführt, und sie haben noch zu wenige Personen untersucht. Für eine gut abgesicherte Antwort wären bessere und größere Studien notwendig.
Blaues Licht und innere Uhr
Dass blaues Licht von LED-beleuchteten Bildschirmen unseren Schlaf beeinflusst, klingt auf den ersten Blick plausibel: Untertags scheint die Sonne hell vom Himmel. Ihr Licht hat dabei einen hohen Blau-Anteil. Bei Sonnenuntergang nimmt nicht nur die Helligkeit des Sonnenlichts ab, sondern auch der Blau-Anteil. Die Sonne erscheint gelblich bis rot.
Dass wir bald darauf müde werden, scheint kein Zufall zu sein. Laborstudien zeigen, dass blaues Licht die Bildung des körpereigenen Schlafhormons Melatonin hemmt [7]. Diese Wirkung hat allerdings nicht nur blaues Licht; auch helles, weißes Licht ohne erhöhten Blauanteil unterdrückt die Bildung dieses Hormons [7].
Die Zirbeldrüse im Gehirn produziert Melatonin und sorgt so dafür, dass wir uns müde fühlen. Wie sehr wir uns nach dem Bett sehnen, hängt dabei von der Menge des produzierten Schlafhormons ab. Während der Melatoninspiegel am helllichten Tag niedrig ist, steigt er über den Abend und erreicht etwa zwischen 11 und 3 Uhr nachts den höchsten Wert. Danach sinkt die Melatoninmenge im Körper wieder ab [7].
Scheinbarer Widerspruch
Zwei der zuvor erwähnten Studien haben auch den Melatoninspiegel gemessen. Dieser war geringer, wenn die Teilnehmenden beim abendlichen Benutzen der Bildschirmgeräte eine Blaufilter-Brille trugen [5,6]. Es gibt aber auch Studien, in denen sich die Bildschirm-Beleuchtung nicht auf den Melatoninspiegel ausgewirkt hat [8]. Gesichert ist die Auswirkung von blauem Bildschirm-Licht auf die Melatoninproduktion also nicht.
Wie dem auch sei: Die Displays haben wohl keine nennenswerte Auswirkung auf den Schlaf. Vielleicht reicht auch die Menge an blauem Licht bei Tablets, Smartphones, Ebook-Readern oder Laptop-Bildschirmen nicht aus, um die körpereigene Melatoninproduktion ausreichend stark zu stören.
Blaues Licht aus LED-Bildschirmen
Warum strahlen die Bildschirme von vielen Computern und mobilen Geräten überhaupt blaues Licht aus? Diese Displays haben eines gemeinsam: die Hintergrundbeleuchtung kommt aus weißen Leuchtdioden (LED, abgekürzt für „light emitting diode“). Weiße LEDs strahlen allerdings kein reinweißes Licht aus, sondern besitzen einen hohen Blauanteil. Daher erscheint das Licht solcher Bildschirme oft kühl und bläulich. Der Vorteil von LEDs ist der geringe Stromverbrauch – das schont den Akku der Geräte.
Was tun bei schlechtem Schlaf?
Probleme mit Ein- oder Durchschlafen sind häufig. Einer Befragung zufolge haben 8 Prozent der Menschen in Österreich regelmäßig so starke Schlafstörungen, dass sie sich im Alltag beeinträchtigt fühlen [9].
Wer über lange Zeit öfter als 3 Nächte in der Woche schlecht schläft, könnte eine chronische Schlafstörung (Insomnie) haben [10]. Es ist ratsam, dieses Problem mit einer Ärztin oder einem Arzt zu besprechen.
Oft kann es helfen, bestimmte Gewohnheiten zu ändern. Dazu gehören so einfache Maßnahmen wie das Vermeiden von schweren Mahlzeiten, Alkohol oder Kaffee am Abend. Zur „Schlafhygiene“ zählt auch, das Bett nur zum Schlafen (mit Ausnahme von Sex) zu benutzen – nicht aber beispielsweise zum Lesen, Essen oder Fernsehen. Eine weitere Maßnahme ist, oder erst dann ins Bett zu gehen, wenn man wirklich müde ist.
Rituale, Entspannungstechniken und Bewegung sind ebenfalls einen Versuch wert. Führt dies nicht zum Erfolg, stehen eine kognitive Verhaltenstherapie und verschreibungspflichtige Schlafmittel (etwa Benzodiazepine) als wirksame Optionen zur Verfügung. Letztere dürfen nur für eine begrenzte Zeit eingesetzt werden, weil sie zahlreiche Nebenwirkungen haben und schnell abhängig machen [10].
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